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Das Carlsdorfer Gutshaus, in Pertinenz (Zugehörigkeit) zu Rothspalk, wurde im neobarocken Stil um 1895 errichtet. Bauherr war ein Baron von Möller-Lilienstern, dessen Vorfahre das benachbarte Rothspalk zusammen mit Carlsdorf 1811 aus der Konkursmasse der Familie von Thomstorff erwarb, die hier seit 1792 ansässig gewesen war. Im Jahr 1804 hatte sich der aus Hamburg stammende und als Teilhaber der Fa. Parish & Co reich gewordene Johann Peter Möller (auch Moeller), Vater Norweger, Mutter aus Preußen, vom letzten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation in Wien für eine nicht genannte Summe in den Reichsfreiherrenstand (dt. Baron) erheben lassen. Beim Erwerb von Rothspalk/Carlsdorf durfte er sich zu Recht Freiherr von Möller-Lilienstern nennen. Das gut erhaltene Lilienstern-Wappen an der Frontseite des Carlsdorfer Gutshauses zeigt in zwei von vier Feldern unter der Krone Lilien und Sterne.
1910/11 verkaufte ein Erbe das inzwischen eigenständige Gut Carlsdorf an den Evangelisten und Generalleutnant Georg von Viebahn. In Rothspalk ging die Ära derer von Möller-Lilienstern erst 1928 zu Ende, der Landwirt Hauptmann Schulz erwarb das Gut aus Zwangsverwaltung.
Mit Georg von Viebahn wechseln die Besitzer von Carlsdorf in schneller Reihenfolge. Der mecklenburgische Staatskalender nennt 1912 Friedrich Wilhelm Krümelberg, 1914 Arthur Wex, 1917 Dr. Otto Steven, 1927 Wilhelm Köppen, 1927 Hans Bär. Und in der Kirchenchronik ist nachzulesen: "Der stete Besitzwechsel, der sich aus dem Charakter des Luxusgutes ergibt, muss sich unheilvoll für das Dorf auswirken." 1930 kauft der aus einer Hamburger Kaufmannsfamilie stammende Dr. phil. Justus Schreier Carlsdorf aus einer Zwangsversteigerung und bewirtschaftet das Gut bis zu seiner Flucht vor der Roten Armee im April 1945. Das Gut wird bei der Bodenreform in der SBZ ab September 1945 an die ehemaligen Gutsarbeiter und an Flüchtlinge aufgeteilt, Gutsbesitzer Schreier enteignet.
Seit 1900 sind Versuche nachweisbar, durch Nebenerwerb und die Veredlung landwirtschaftlicher Produkte ökonomisch zu überleben. Eine Carlsdorfer Hundezucht edler Rassen ist belegt, eine Hundekuchenfabrikation, eine riesige Hühnerfarm zur Herstellung von Eicognak, der sogar Messe-Medaillen erhielt. Heute erinnert nur noch der so genannte Eierturm (ehem. Schornstein) an den „Carlsdorfer Eicognak“.
In den Nachkriegsjahren wurde das Gutshaus von Umsiedlern (Vertriebene) und Kriegsflüchtlingen genutzt, bis zu dreihundert Menschen kamen zeitweise hier unter.
Nach deren Auszug benutzte die „Zivilverteidigung“ der DDR das abgelegene Haus als geheimes Depot für Medikamente und Verbandsmaterial. In den letzten Jahren der DDR erwarben drei aus Sachsen kommende Familien gemeinsam das Gutshaus, um für sich und ihre Kinder in gesunder Luft Wohnungen zu errichten. Sie gaben aber nach der Deutschen Einheit auf und verkauften an einen Berliner Verein, der das Gemäuer zur Ausbildung von Lehrlingen in Bauberufen nutzte, aber ebenfalls nach rund drei Jahren scheiterte. 2003 Weiterverkauf an den Berliner Unternehmer Michael Geisler, der sich die ehemalige Kutscherwohnung im Pferdestall ausbaut, das Gutshaus selbst aber weiter verfallen lässt.
Das einst so luxuriöse Gutshaus scheint dem Verfall preisgegeben. Das Dach und die Zwischendecken sind eingebrochen, nur die Außenwände sind noch recht gut erhalten. „Carlsdorf,“ schreibt die Schweriner Volkszeitung „wurde an den Falschen verkauft.“
Im Jahre 2011 erwirbt Rechtsanwalt Robert Unger aus Berlin die Gutsanlage. In den alten Ställen stehen wieder Reitpferde, die Scheune ist 2012 zur Reithalle ausgebaut. Ein Wiederaufbau des Gutshauses, wenn auch nicht in historischer Vollendung, ist nach eigenen Angaben geplant.
(nach: Krull, Carlsdorf)
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Lage: Mecklenburg-Vorpommern
Landkreis: Rostock
18279 Carlsdorf
Amt: Krakow am See